Nebenplay - Valentin Hoyo & Ayumi Akawa

Tick. Tack. Tick. Tack.
Die Stille in dieser Nacht war beinahe unerträglich. Jeder hing seinen eigenen Gedanken nach. Keiner sagte etwas.
Tick. Tack.
Schrecklich.
Tick. Tack.
Gelangweilt spielte die rosahaarige Vampirin mit einer ihrer Haarsträhnen herum, wickelte sie sich um den Finger und ließ sie wieder los.
Sie ließ den Blick durch die Gegend schweifen und entdeckte eine Person im Fenster. Ein junger Mann mit lilafarbenen Haaren betrachtete sie eindringlich, drehte den Kopf und sprach sie schließlich direkt an.
Ayumi hatte ihn vorher gar nicht richtig wahrgenommen. Sie dachte, sie sei alleine im Aufenthaltsraum des Mondhauses. Doch anscheinend hatte sie sich geirrt. Wie konnte sie nur?
„Hallo“, antwortete sie und wandte sich direkt an ihn. Das Lila seiner Augen traf sie und bohrte sich in ihre Augen.
Tick. Tack.
Ganz schön aufdringlich.
Die junge Vampirin versuchte, sich weiterhin zu entspannen und streckte sich auf der Couch aus. Ihre Arme über dem Kopf drehte sie sich in seine Richtung und betrachtete ihn eine Weile stumm.
Tick.
„Wie lange bist du schon hier?“, brachte sie schließlich heraus. Wie lange hatte er da gesessen ohne dass sie es bemerkt hatte?

Amüsiert lächelte er sie an und überlegte kurz, ob es sie wert wäre, seinen Körper vom Fensterbrett zu heben, doch er entschied sich dagegen und blieb an Ort und stelle sitze, wandte sich aber ihr zu, da sie an einem Gespräch interessiert zu sein schien. Natürlich konnte er auch genauso gut mit seiner Vermutung daneben liegen, aber wenn alles schief gehen würde, könnte er immer noch die Flucht ergreifen in dem er sich mit einer wahllosen Ausrede herausredete.
"Wie lange?" Valentin versuchte sich an die Uhrzeit zu erinnern, aber er hatte gar nicht weiter auf sie geachtet, sondern zielsicher das Fensterbrett angesteuert. "Seit dem der Mond am Himmel steht", reimte er sich schließlich zusammen. Natürlich war dies nicht möglich, er hatte noch andere Pflichten als Details für seine Traumwelten abzuspeichern, aber er saß vermutlich schon eine Ewigkeit hier. Wieso sie sich einander nicht aufgefallen waren, konnte er nur mit gegenseitiger Ignoranz begründen, aber vielleicht lag es auch daran, dass sie ihren Gedanken hinterher gehangen hatten und alle Sinne dabei auf Reisen gegangen waren.
Schließlich stieß er sich doch vom Fensterbrett ab und streckte ihr die Hand entgegen. "Valentin Hoyo", seine Augen umschlangen weiter ihren Blick, "und wer sind sie, wenn ich das fragen darf."

Und auf einmal redete er. Ayumi bemerkte, wie sehr er auf alles gleichzeitig zu achten schien. Wahrscheinlich war er ziemlich erpicht darauf, sich alles in sein Vampirhirn einzubrennen, damit er bloß nichts vergaß.
Es war merkwürdig, seine Präsenz nun bewusst zu spüren. Sie spürte, dass er ein mächtiger Vampir war. Kein Reinblüter wie Kaname-sama, jedoch schien er genau wie sie ein Level B zu sein.
Seit dem der Mond am Himmel steht, wiederholte sie in Gedanken. Anscheinend sinniert er gerne. Ein kleiner Poet. Oder doch jemand, der alle um den Finger zu wickeln versucht? Interessant.
Er versprach eine Herausforderung zu werden.
„Das ist nicht gerade präzise“, murmelte Ayumi und schüttelte den Kopf. „Und ich kann ja schließlich nicht wissen, wann der Mond heute zu sehen war.“
Langsam nahm sie ihre Arme zurück und schaute ihm zu, als er sich vom Fensterbrett abstieß und auf sie zukam. Seine Schritte waren lang, zielgerichtet und elegant. Genau so sah er auch aus. Also entweder war er ziemlich eitel, oder er wurde so erzogen.
Er stellte sich vor.
Hoyo. Ayumi durchforstete ihre Gedanken. Es machte Klick.
Natürlich. Dann wahrscheinlich beides. Innerlich verdrehte sie die Augen. Na hoffentlich hab ich mir da jetzt nichts angetan.
Der Vampir streckte ihr die Hand entgegen, also richtete sie sich aus ihrer liegenden Position auf, erhob sich und legte ihre Hand in seine. Ein kurzer Händedruck.
„Ayumi Akawa“, stellte sie sich vor. „Und ich glaube nicht, dass du so förmlich mit mir reden musst.“ Sie lächelte ihn an, ließ seine Hand los und nahm wieder auf der Couch Platz.

Das Grinsen legte sich einfach so auf seine Lippen als sie ihm so unverblümt antwortete, wie sollte es auch anders sein. Aber er war es gewohnt oft von geschwollenen Vampiren und unterwürfigen Menschen umgeben zu sein und so war diese erfrischende Art etwas schönes, die dieses Gespräch umso leichter für ihn werden ließ. Ohne zu zögern ließ er sich auf den Sessel neben Ayumis Sofa fallen und lächelte sie unverwandt an. "Ich habe vergessen auf die Uhr zu sehen als ich mich gesetzt habe, deswegen weiß ich nicht wie lange ich dort bereits den Raum mit meiner Anwesenheit verschönert habe", sein Blick suchte den Raum nach einem schönen Detail ab, fand aber keines. Dieser Ort würde er nicht einmal in einem Albtraum verwenden, weil er einfach zu normal und unscheinbar wirkte.
Angespannt lehnte er sich zurück und suchte in ihren Augen nach Gefühlen, die ihm verraten sollten, ob sie sich wohl fühlte oder ihn nur duldete, weil sich keine bessere Alternative im Raum befand. Valentin hatte schließlich keinen guten Ruf an sich haften. "Was treibst du hier, allein, nicht das dies ungewöhnlich wäre, aber niemand sucht diesen Raum auf, wenn er nach etwas Schönem Ausschau hält." Mit seiner Hand zeigte er auf das bescheidene Mobiliar, auf den Geruch nach Staub und vergossenem Blut wollte er gar nicht erst eingehen , außerdem würde die rosa Glücksfee dies wohl selbst bemerken.

Seine Lippen verzogen sich zu einem Grinsen. Wahrscheinlich war er es einfach nicht gewöhnt, so offen angesprochen zu werden, ohne alle Höflichkeitsfloskeln und den ganzen Bockmist. Die Vampirin unterdrückte ein Stöhnen. Vielleicht würde sich Valentin in ein paar Minuten verziehen weil er merkte, dass er bei ihr auf die Adelstour nichts reißen konnte. Sie gab nicht sonderlich viel auf den Titel. Ihre eingebildete und zickige Seite vielleicht, aber die musste sie ihm ja nicht sofort auf die Nase binden.
Er setzte sich auf den Sessel neben ihrem Sofa und lächelte sie an.
Ein gaaanz klein wenig merkwürdig der liebe Valentin.
Ayumi hoffte inständig, dass er nicht ihre Gedanken lesen konnte. Das würde peinlich werden.
Valentin sprach erneut und irgendwie gruselte sie seine Art ein wenig. Er versprühte eine merkwürdige Aura der Arroganz und Eitelkeit. Was bei seinem Aussehen nicht verwunderlich war, aber diese Aura war so viel anders als die von Aido-Kun, dass sie sich wirklich fragte wie er wohl war.
Da sie keine Lust hatte, auf seine Tour einzugehen, ließ sie sich wieder auf die Couch sinken, streckte sich aus und legte den Kopf so auf die Lehne, dass sie ihn trotz allem noch ansehen konnte.
„Ja“, seufzte sie. „Das kann ich dir auch nicht sagen. Normalerweise bleibt mir eine solche Aura nicht versteckt, aber irgendwie muss ich dich einfach … ausgeblendet haben. Entschuldige schon mal dafür.“ Er blickte sie schon wieder so intensiv an, dass es echt merkwürdig war. Es war auf seine Art aufdringlich und drängend, aber dennoch vorsichtig und distanziert. Merkwürdig, wirklich merkwürdig.
Die Vampirin streckte sich erneut und starrte an den Kronleuchter der an der Decke hing. „Das stimmt … nun eigentlich nur aus unglaublicher Langeweile.“ Ihr Blick wanderte wieder zu ihm. „Und du? Ich meine, wenn dieser Raum dich nicht reizt, wieso bist du dann überhaupt herkommen? Aus dem Fenster starren kannst du auch von deinem Zimmer aus“, bemerkte sie. Er zeigte auf das Mobiliar, welches er wahrscheinlich als ‚unter seiner Würde‘ einstufte. Sie unterdrückte es, die Augen zu verdrehen.

"Das mit dem Ausblenden ist mir nicht unbekannt, sonst hätte ich dich schließlich erkannt", Valentin grinste kurz und zuckte mit den Achseln. Da er bemerkte wie sie sich vor ihm zu winden schien, zum Teil wegen seiner ungeteilten Aufmerksamkeit, beugte er sich vor und suchte erneut den Blick aus einem der Fenster. Nichts ging über die Schönheit der Nacht und des Abendhimmels mit seiner unverwechselbaren Anmut. Vermutlich war es dumm, aber wie gerne würde er all dem einmal etwas näher kommen, aber nicht in diesem Leben und danach vermutlich nie wieder, schließlich gehörte er zum Abschaum und zu den Verdammten. "Du musst dich dafür nicht entschuldigen, du wolltest sicherlich allein sein."
Fast hätte er ihr wieder ins Gesicht gelächelt, erinnerte sich aber an ihr Unbehagen und analysierte weiter die Maserung des Tisches. Sie wäre faszinierend gewesen, wenn Holz sein Interessenfeld gewesen wäre, aber das war es mit Sicherheit nicht und so diente es nur als Ablenkung und Überspielung seines wahren Interessenfeldes. "Ich habe mir den Nachthimmel eingeprägt, hier ist er viel schöner als in meinem Zimmer und mit Schönheit konnte ich bisher viel erreichen", er grinste kurz über seine Worte, wer wusste schon das er Traumwandeln konnte und somit seine Freunde auch im Schlaf heimsuchen, meistens nutzte er dieses Kommunikationsmittel um mit seiner Schwester in Kontakt zu bleiben und diese hatte bisher immer ihren Mund gehalten, wenn jemand nach seinem Talent gefragt hatte.
"Außerdem bin ich in meinem Zimmer nie ungestört und für meine Gabe brauche ich einfach die Ruhe mir alles einprägen zu können", mit den Fingerspitzen strich er über das Holz des Tisches um dessen einzigartiges Gefühl in sich aufzunehmen, denn alle Sinne sollten in seinen Träumen berührt werden.