Schülerbibliothek

Yuki freute sich über die Wärme im Schulgebäude, welche langsam ihre Glieder beweglich machte und die Kälte verschwinden ließ, welche ihren ganzen Körper eingenommen hatte.
"Im Wohnheim war es langweilig...", sagte Yuki und richtete ihren Blick gen Boden. "Ich wusste nicht, womit ich mich beschäftigen sollte und der Schnee sah verlockend aus." Sie blickte dem Reinblüter in die Augen und erwiderte sein Lächeln.
"Ja, Artemis nehme ich immer mit, wenn ich das Wohnheim verlasse."

In der verlassenen Bibliothek war es noch wärmer als in den Gängen und Yuki ließ ihren Blick durch den Raum streifen, der irgendeine Ruhe ausstrahlte. Zwar mochte die Brünette Bücher nicht, aber irgendwie war es heute anders, doch den Büchern schenkte die Braunhaarige nach wenigen Sekunden keine Beachtung mehr, denn der Reinblüter neben ihr zog ihre gesamte Aufmerksamkeit auf sich.
"Nein danke, Kaname-senpai.", lächelte Yuki den Night-Class-Schüler an und ließ sich dann auf eines der vielen Sofas fallen, die im Raum standen. Erneut sah sie den Vampir an, der ihr so viel bedeutete. Es schmeichelte ihr ungemein, dass sich Kaname um sie kümmerte und sicherlich hatte sich bereits ein Rotschimmer auf ihre Wangen gelegt, was die Brünette aber nicht störte.

Auf seinen Kommentar hin nickte Yuki "Ja, du hast Recht, Kaname-senpai". Artemis hatte sie schon in manchen Situationen geholfen und sie war dem Rektor äußerst dankbar dafür, dass er sie ausgebildet hatte und ihr Artemis gegeben hatte. Es war schon etwas länger her, aber die Braunhaarige erinnerte sich gern an die Zeit zurück und ließ die Erinnerungen, die sie noch an diese Zeit hatte, einen kurzen Moment auf sich wirken.

Als er sich neben sie setzte, hielt die Braunhaarige für einen Moment die Luft an. Die Nähe zu Kaname war angenehm, aber ungewohnt und brachte sie wieder in Verlegenheit. Als er ihr sagte, dass er weg war, nickte Yuki. Natürlich war ihr seine Abwesenheit aufgefallen, denn sie hatte jeden Tag die Augen nach ihm offen gehalten. Alleine schon das betrachten des Night-Class-Schülers verschaffte ihr eine gewisse Zufriedenheit, aber das konnte sie ihm natürlich nicht sagen. Weder, dass sie jeden Tag versucht hatte, ihn unter den Night-Class-Schülern zu finden, noch, dass sie ihn gerne beobachtete, wenn er in ihrer Nähe war.
"Mir geht es gut", lächelte die Brünette auf seine Frage hin "Und wie geht es dir? War deine Reise sehr anstrengend?" Gerne hätte sie gewusst wo er war und mit wem, aber sie wollte nicht zu neugierig erscheinen und entschied sich daher dagegen ihn zu fragen.
Bei seiner nächsten Frage zuckte Yuki innerlich zusammen, schüttelte dann aber mit dem Kopf.
"Nein, alles in Ordnung", sagte die Brünette wahrheitsgemäß. Zwar hatte sie sich in der Gruppe von Vampiren äußerst unwohl gefühlt, trotzdem war alles mit ihr in Ordnung.

Einen kurzen Moment legte Yuki den Kopf schief und blickte den jungen Mann besorgt an. "Aber Kaname-senpai, wäre es dann nicht besser, wenn du dich ausruhen würdest?", wollte die Braunhaarige wissen und musterte den Vampir vor ihr. Yuki konnte seine Müdigkeit nachvollziehen, da sie nachts selbst immer ihre Rundgänge machte und tagsüber dann vollkommen erschöpft war, außerdem hatte Kaname eine Reise hinter sich! Kurz überlegte sie, ob sie ihm sagen sollte, dass er sich nun besser ausruhen sollte, entschied sich aber dagegen. Sie konnte dem Reinblüter unmöglich Befehle erteilen, außerdem genoss sie seine Anwesenheit.

"Ah ja, Beni scheint wirklich etwas... übel launig zu sein", meinte die Brünette und nickte gedankenverloren. Wieder kamen ihr Benis Worte in Erinnerung, dass Menschen minderwertig waren und die Cross Akademie selbst es auch war. Die Worte schmerzten irgendwie, aber Yuki versuchte das zu ignorieren. "Ich denke auch nicht, dass Beni mich jemals mögen wird. Sie scheint so... kalt", stellte die Brünette fest.

Als Kaname ihr sagte, dass er sich Sorgen um sie gemacht hatte, durchfuhr Yuki erneut dieses merkwürdige Gefühl. "I-Ich denke nicht, dass Beni mir etwas getan hätte, immerhin war Inazuma-senpai ja da, sie hätte das sicherlich nicht zugelassen.", stotterte Yuki nervös. "U-Und... Ich hatte ja Artemis dabei...", fügte sie noch hinzu. Ihren Blick hatte sie auf ihre Hände gerichtet und sie bemerkte, wie ihr das Blut in die Wangen schoss.

Yuki lächelte dankbar. Sie war froh, dass er hier bleiben würde, auch, wenn er müde und erschöpft war. Antworten tat sie allerdings nicht, sie wusste nicht, was sie darauf hätte antworten können.

"Stimmt, Kaname-senpai. Das war wirklich noch sehr nett ausgedrückt.", sagte sie und grinste leicht. Auf seine Frage hin zuckte sie leicht die Schultern. "Nicht wirklich beleidigt, aber sie war..." Kurz suchte Yuki nach den richtigen Worten. "Unfreundlich.", brachte sie den Satz zu Ende und schwieg dann wieder eine Weile. Ob Kaname genauer nachfragen würde? Sie wollte Beni nicht unbedingt in Schwierigkeiten bringen, auch wenn sie wirklich nicht besonders freundlich gewesen war, aber genauso wenig würde Yuki den Reinblüter neben ihr anlügen.

Als Kaname den Satz sprach, wurde Yuki erneut bewusst, wie gefährlich die Situation im Wald eigentlich war. Inazuma-senpai war nicht von Anfang an dabeigewesen, aber das musste sie Kaname ja nicht unbedingt unter die Nase reiben. "Traust du Beni zu, dass sie Menschen anfällt?", fragte Yuki vorsichtig und blickte den Night-Class-Schüler fragend an. Sie selbst würde nicht unbedingt von Beni denken, dass sie sowas tun würde, aber Yuki kannte die Senatorin nicht gut genug um sie einzuschätzen.

Bei Kanames Frage musste sie schmunzeln. "Ich weiß nicht wirklich, ob ich gut im Umgang mit Artemis bin. Gegen Aido bin ich angekommen, aber ob ich gegen einen Level E ankommen würde weiß ich ehrlich gesagt nicht.", lächelte Yuki.

Die Brünette beobachtete Kaname dabei wie er seinen Blick auf seine Hände richtete und nachzudenken schien. Sie schwieg und wartete darauf, dass er anfing zu sprechen, lauschte dann den Worten des Reinblüters und ließ sie einen Moment auf sich wirken. Bei diesem Thema musste sie kurz an Zero denken, vertrieb den Gedanken dann aber wieder. Kaname dachte also, dass Beni wirklich Menschen angreifen würde. Irgendwie konnte Yuki es sich vorstellen, dass die Senatorin wirklich einen Menschen angreifen würde, wollte es sich diese Szene aber nicht ausmalen. Vom Aussehen her sah Beni eher wie das brave, liebe Mädchen von nebenan aus, aber innerlich schien sie wirklich nicht besonders friedfertig zu sein, besaß aber doch eine Loyalität zu ein paar Reinblütern, außer zu Kaname. Sie musste daran denken, wie die Senatorin sich im Wald gegenüber dem Hausvorstand verhalten hatte und innerlich würde sie gerne den Grund dafür wissen, war sich aber sicher, dass Beni nicht mit ihr darüber reden würde.
"Angst vor den Konsequenzen?", wiederholte Yuki und sah ihn fragend an. Das System der Vampire verstand sie nicht - schon gar nicht wie und von dem diejenigen bestraft wurden, welche sich nicht an die Regeln hielten. Natürlich, Level E wurden von den Vampirjägern oder von anderen Vampiren gejagt, doch Beni war ein Adelsvampir, welcher noch im Senat tätig war.

Er hatte Recht. Nach Level E's hatte Kaname nicht gefragt.
"Ich kann nicht einschätzen ob ich gegen Aido ankommen würde, würde er ernst machen, aber du hast Recht, ich habe ihn schon mal ein wenig in die Enge getrieben.", lächelte Yuki. "Mein Umgang mit Artemis ist wohl ganz in Ordnung, denke ich"

Yuki lächelte und nickte. Er hatte Recht, man konnte Benis Verhalten im Falle eines Falles nicht einschätzen, außerdem konnte die Brünette die gesamte Denkweise Benis nicht verstehen. Haruka und Luna gegenüber wirkte sie so vollkommen Loyal, als würde sie ihr Leben für die Beiden geben, zu Kaname hingegen war sie boshaft und Yuki fragte sich, wie man Kaname hassen konnte. Der Reinblüter erschien ihr seit Kindertagen perfekt und ohne jeden Fehler, außerdem war er doch in der Welt der Vampire so angesehen, dass es sicherlich niemand wagen würde, so angriffslustig ihm gegenüber zu sein. Beni war es.
"Heute schien es Beni nicht besonders gut zu gehen, sie verhielt sich so merkwürdig. Vielleicht lag es daran, dass sie heute so schlecht gelaunt war.", meinte Yuki gedankenverloren und erinnerte sich daran, wie die Senatorin ihren Blick immer wieder gen Boden gerichtet hatte, ihre Hände zu Fäusten geballt hatte und sie sich einfach irgendwie merkwürdig verhalten hatte.
"Stimmt, aber ich dachte immer, dass du nur für die Vampire auf der Cross Akademie zuständig bist.", lächelte Yuki. Wieder ein Beweis dafür, dass sie mit den System der Vampire nicht vertraut war.

Als er meinte, dass Kaname ihre Fähigkeiten testen wollte, blinzelte die Brünette ihn verwirrt an. Wie meinte er das? Gegen einen Reinblüter würde sie doch ohnehin nicht ankommen, sie war einfach nur ein Mensch, ohne besondere Vampirkräfte, oder so.
"Und wie möchtest du das testen?", fragte Yuki dann neugierig nach und sah den Größeren interessiert an.

Vielleicht war Beni einfach von Natur aus schlecht gelaunt, aber eigentlich war es der Brünetten egal. Sie würde die Senatorin wahrscheinlich sowieso nie wieder sehen und vertrieb sie daher aus ihren Gedanken. Egal was passierte, Beni und Yuki würden in diesem Leben sicher keine Freunde mehr werden, immerhin fand sie Menschen minderwertig.

"Das klingt logisch", lächelte die Brünette, nachdem Kaname ihr die Lage erklärt hatte. Innerlich spottet das junge Mädchen über sich selbst, denn auf diese simple Antwort wäre sie sicherlich auch selbst gekommen, aber nun war es zu spät und sie konnte ihre Frage nicht mehr zurücknehmen, da der Reinblüter sie bereits beantwortet hatte.

Irgendwie zweifelte Yuki an Kanames Worten. Natürlich war das Kämpfen gegen eine einzelne Person meist einfacher, aber sie war sich sicher, dass Kanames Kräfte die Macht von mehreren Personen hatte. Sie kannte Kanames Kräfte nicht, aber da beispielsweise Aido eine wirklich faszinierende Fähigkeit hatte, konnte sie sich vorstellen, dass Kanames vampirische Fähigkeiten mindestens doppelt so stark waren. Im Grunde genommen hatte sie also keine Chance, aber sie würde Kaname niemals einen Wunsch abschlagen und außerdem würse sie dem Reinblüter niemals zutrauen, dass er sie verletzen würde, deswegen stimmte sie kurzerhand mit einem "O-okay, von mir aus." zu.

Die Brünette erwiderte sein Lächeln zaghaft und hörte ihm erneut zu, während er sprach. Insgeheim hörte das Mädchen dem Reinblüter gern beim Reden zu, denn seine Stimme klang so melodisch, so warm und gleichzeitig so perfekt, dass sie sich meist gar nicht auf die Wörter konzentrieren konnte, sondern allein auf seine Stimme. Aber sie hörte aufmerksam zu, verbot sich wegen seiner Stimme ins schwärmen zu geraten. Er sagte ihr, dass sie keine Angst haben musste und innerlich wusste sie das auch, aber der Gedanke gegen Kaname zu kämpfen kam ihr ziemlich grotesk vor, weshalb sie nicht wusste, was sie von einem solchen Angebot halten sollte, aber sie stimme ihm zu. Es war immer eine gute Idee, sich im Umgang mit Artemis zu verbessern, deswegen nickte sie zustimmend. Trotzdem wusste sie nicht, wie sie jemals gegen ihn gewinnen sollte.
"Naja, ich würde es nicht Angst nennen. Eher Unsicherheit.", gab die Brünette zu. "Natürlich weiß ich, dass du mich nicht verletzen würdest, aber ich weiß nicht, wie ich gegen dich ankommen soll."

Allem Anschein nach konnte Kaname ihre Gedanken erraten und machte ihr Mut, was Yuki nur teilweise mehr Selbstvertrauen verschaffte. Natürlich war eine Person schneller zu bewältigen als mehrere, aber es waren ja keine Menschen, es waren Vampire! Und Kaname war ja noch ein ganz besonderer Vampir - ein Reinblüter.
"Du hast recht, Kaname-senpai, aber ich weiß nicht, wie ich dich besiegen kann. Ich kenne deine Schwächen nicht und weiß nicht, was für Fähigkeiten du hast", meinte Yuki und lächelte. Sie hatte ihn noch nie wirklich kämpfen gesehen, konnte sich aber die Ausmaße seiner Kraft vorstellen, wenn er es wirklich ernst meinte.
Als sie seine Hand auf ihrem Bein spürte, fuhr ein angenehmes Kribbeln durch ihren Körper, doch trotzdem war die körperliche Nähe zu ihrem Senpai ungewohnt, aber es war ihr definitiv nicht unangenehm.

"Ich möchte es versuchen, immerhin habe ich ja nichts zu verlieren, nicht wahr?", sagte sie zu ihm, während ein Lächeln auf ihren Lippen lag. "Natürlich ist mir klar, dass ich dir die Bitte abschlagen kann, Kaname-senpai", meinte sie dann noch schnell, vielleicht zu schnell. Sie wollte nicht, dass er wusste, dass sie beinahe alles für ihn tun würde.

Die junge Vertrauensschülerin beobachtete Kaname dabei wie er angestrengt nachzudenken schien. Worüber dachte er nach? Was war es, über das er sich in diesem Moment so den Kopf zerbrach? Die Brünette hätte ihn gerne gefragt, verbot es sich dann aber doch. Sie hatte kein Recht dazu zu wissen, was in seinem Kopf vorging. Wieder hörte sie ihm zu und musste schlucken als er von seiner Fähigkeit erfuhr. Oh nein, darauf war Yuki nun wirklich nicht aus, denn der Gedanke einfach so zu zerbersten war nicht gerade der angenehmste, den sie sich vorstellen könnte und sie war dankbar, dass er sie damit verschonen würde.
"Ich wäre dir sehr verbunden, wenn du mich nicht in meine Moleküle zerbersten lassen würdest", bat Yuki grinsend. "Denn... das wäre bei weitem nicht das, was ich mir unter einem angenehmen Tod vorstellen würde."
Oh nein. So wollte Yuki definitiv nicht sterben.

"Natürlich werde ich dich nicht aufspießen, Kaname-senpai.", lächelte Yuki dann. Das wäre unmöglich, denn niemals würde die Vertrauensschülerin ihrem Senpai etwas tun können, sofern das für sie als Mensch überhaupt möglich war.

Seine letzte Aussage ließ sie unkommentiert im Raum stehen und nickte nur. Irgendwie fühlte sie sich ihm verpflichtet - immerhin hatte Kaname ihr das Leben gerettet. Und sicherlich würde sie das Gefühl in seiner Pflicht zu stehen nie loswerden, dafür verdankte sie ihm zu viel.

Über seine Frage dachte sie ein paar Minuten lang nach. Gab es einen angenehmen Tod? War der Tod denn nicht immer mit etwas Unangenehmen verbunden, sei es nun der körperliche Schmerz des Sterbenden oder der seelische Schmerz der Verbliebenen? Sicherlich, einfach einzuschlafen und nie wieder aufzuwachen, so einen Tod würde sich wahrscheinlich jede Person wünschen, aber der Gedanke daran, dass man die Menschen, die man liebte zurücklassen musste, machte doch jeden Tod, sei er auch noch so schmerzfrei, zu einem schmerzhaften Tod.
"Nein, gibt es nicht.", beantwortete Yuki nun die Frage des Reinblüters. "Der Tod ist wahrscheinlich immer mit Schmerz verbunden."

Kurz erwiderte sie sein Lächeln und hörte ihm dann zu, woraufhin erneut ein Lächeln auf ihren Zügen lag. Yuki würde ihm niemals weh tun können. Zum Einen, weil er ihr körperlich vollkommen überlegen war, zum Anderen weil sie es niemals mit ihrem Gewissen vereinbaren könnte.

Als er dann plötzlich seinen Finger unter ihr Kinn legte und sie ihn ansehen musste, durchfuhr sie wieder dieses Kribbeln, welches sie auch schon gefühlt hatte, als er seine Hand auf ihr Bein gelegt hatte. Er erwartete wahrscheinlich eine Antwort von ihr, eine ehrliche Antwort. "Ich kämpfe gerne mit dir, Kaname-senpai!", sagte Yuki dann und lächelte. Sie war nicht richtig auf ihn eingegangen, das wusste sie, aber sie hätte ihm ja genauso schlecht sagen können, dass sie sich ihm wirklich verpflichtet fühlte. "Ehrlich!", versicherte sie noch kurz und hoffte dann, dass Kaname dies reichen würde.