Verlassene Teile der Stadt

Sie fragte sich, was sie jetzt tun sollte. Und die häßliche Erscheinung kam ihr nicht mehr aus den Gedanken, was sie etwas erschreckte - jedoch hauptsächlich nervte. Von Glück konnte sie sprechen, keine einzige Schramme zu erleiden und wohlmöglich auch noch ihr relativ kostbares Blut zu vergeuden. Doch wenn sie ehrlich sein sollte: Ihr ging es nicht sehr gut.
Es war natürlich keine Angst; kein Moment der Panik oder auch nur ein seichtes Gefühl dieser. Nein, eigentlich war sie ganz ruhig gewesen, als plötzlich Alles ganz schnell passierte und nur ein einziger Geruch ihre Nase erreichte. Er war so penetrant und mischte sich mit etwas ungewöhnlichem. Zumindest abartig für die Norm, musste Akira sich berichtigen.

Denn der Level E, der sie angefallen hatte, hatte geweint. Und anfangs brachte es sie noch fürchterlich aus dem Konzept; schließlich hatte sie es noch nie erlebt, dass ein ehemaliger Mensch noch so weit bei moralischem Bewusstsein war um über seine Taten zu weinen und dennoch weiter umzubringen, sich Mahlzeiten und Snacks besorgen. Akira musste zugeben, dass sie sich etwas ekelte, weil sie nicht damit klar kam, wie Level E's nun einmal empfinden - es war ihr zu abwegig und fremd. Doch zögern, als sie ihr Taschenmesser aus der Jackentasche zog und auf das [/i] Ding[/i] vor ihr richtete, tat sie nicht. Und die junge Sakamoto hatte sich auch nicht zurückgehalten, als sie es durch den verfallenen Körper der Bestie vor ihr stieß.

Doch der Staub - es war nichts weiter als das, so traurig und kalt es auch klingen mochte. Es war nur Staub; wie Asche - der aufgewirbelt wurde, war ihr nicht fremd genug, damit sie sich sicher wusste. Es machte sie schon etwas traurig, gab die Brünette zu. So war ihr Leben nicht viel anders und diese unabhängigkeit von anderen, von dem Blut von Anderen, war absurd. Ihr eigenes Blut schmeckte ihr jedoch nicht, war ekelerregend unterirdisch und sie wollte nicht lügen, als sie es als kleines Mädchen zum ersten Mal austestete, musste sie sich übergeben. Sich selbst zu kosten war einer ihrer größten Fehler.
Nun, so fehlerlos und einfach war die kleine Auseinandersetzung zwischen Level E und Akira jedoch nicht abgelaufen. So hatte sich das Ding erst an sie geheftet, als wäre es ein Hund und das noch recht frische Blut seines letzten Opfers, klebte nun an ihr selbst. Zwar hatten die langen Krallen das junge Fräulein nicht erreichen können, aber sie war sich nicht sicher, wie sie nun wieder zur Schule kommen sollte - es kam einfach komisch, blutverschmiert durch die Stadt zu laufen. Akira war zwar schnell, aber ihr stand es auch gar nicht im Sinn, jetzt nach Hause zu laufen.

Viel mehr interessierte sie der Fakt, wo das Opfer des Level E's ( welcher übrigens männlich war und einer der Typen schien, die nur Frauen anzapften) abgeblieben war. Schließlich konnte es noch leben.
Der starke Geruch nach Blut schien sie langsam in die richtige Richtung zu geleiten.
Zaghaft zog sie das bestickte Taschentuch aus ihrer Tasche und begann die gröbsten Blutflecken wegzuwischen. Sie war ganz nah.

Geräuschvoll atmete die junge Sakamoto aus, als sie erspähte, wo das Opfer des nun beseitigten Level E's war. Und die letzten Schritte folgte sie ihrer Nase, um eine kleines Gebäude herum und auf eine kleine Treppe zu. Unter ihren Schuhen machte der Schnee knirschende Laute und wenn sie sich umdrehte, sah sie ihre eigenen Fußstapfen - und weitere. Doch dort, wo das im normalsten Falle tote Menschlein liegen sollte, war lediglich der Schnee eingedrückt, teils gefärbt im schönsten, tiefen rot. Flink schaute sie sich um und sah, dass weite Schuhabdrücke noch relativ frisch im Schnee waren, aber bereits viel zu weit gingen und Akira war sich sicher, dass der Mensch - nach dem Abdruck im Schnee zu urteilen tatsächlich eine junge Frau - bereits Opfer für einen anderen Level E gefallen war.
Sie wünschte es sich so, wenn sie ehrlich sein sollte. Es war sicherlich keine schöne Erinnerung, von einem krankhaften Vampir gebissen zu werden, an des Todes Tür zu klopfen. Man würde sicherlich verrückt werden, nicht mehr bei Sinnen stehen. Die Night-Class Schülerin tat also nichts weiteres, als ein letztes Mal das Gelände abzusuchen, aber desto weiter sie sich von der eigentlichen "Unfallstelle" entfernte, desto schwächer wurde der Blut geruch und sie fragte sich wirklich, wie die sicherliche Frau nach dem Anfall des Level E's entkommen war.

„Hey du, wer bist du? Ich habe dich hier noch nie gesehen…“, rang plötzlich eine weibliche Stimme in ihren Ohren und für einen Moment weitete Akira die Augen überrascht. Der Blut von dem Opfer, dass vor ihr war und auch an ihr selbst klebte, hatte es ihr unmöglich gemacht, weitere Gerüche ausfindig zu machen. Das sich ein weiterer Vampir, einer der Night-Class, ihr genähert hatte, bekam sie also gar nicht mit. „hast du diesen Level E vernichtet?“, fragte sie weiter und nun drehte sich Akira ganz um, um die Schwarzhaarige anzuschauen. Die ungewollten Blutflecken machten sich nicht sehr ansehnlich auf ihrem grauem Mantel, bestätigten aber zumindest die letzte Frage. Etwas erstaunt darüber, dass Yumi Levy Hio, wie Akira die Person vor ihr identifizierte, sofort fragte, wer sie sei amüsierte sie fast ein kleines wenig. Die beiden waren nun schon eine gewisse Zeit lang zumindest in der gleichen Klasse und Akira für ihren Teil, kannte zumindest jedem mit ihrem Nachnamen; dreiviertel mit ihrem Vornamen. "Sakamoto, Akira", stellte sie sich knapp vor und obwohl sie sich kein Lächeln abrang, schein sie freundlich. "Jep, ich habe einen Level E umgebracht, ob es 'dieser' eine war, weiß ich nicht."